Aktuelle Projekte
DFG-Netzwerk ‚Berühren: Literarische, mediale und politische Figurationen‘
(Laufzeit: 09/2017-08/2019)
Antragstellung: Dr. Andrea Erwig, ZfL Berlin; Dr. Sandra Fluhrer, FAU Erlangen-Nürnberg
An der FAU Erlangen-Nürnberg, wo das Netzwerk im ersten Jahr angesiedelt sein wird, sind Dr. Sandra Fluhrer und Prof. Dr. Cornelia Ortlieb als Netzwerkmitglieder beteiligt. Im zweiten Jahr wird die Netzwerkarbeit am ZfL Berlin weitergeführt.
Kurzbeschreibung:
Berühren steckt an. Körperkontakte und sensuelle Eindrücke lösen Übertragungsprozesse und Resonanzen aus – von Elektrisierung bis hin zu Ekel. Berühren ist sinnesphysiologisch eng mit dem Tastsinn verbunden, betrifft aber auch den gesamten Körper, dessen sensuelles und affektives Repertoire in aktiver und passiver Form, sowie die Welt der Dinge. Literatur und ihr nahestehende Medien reflektieren Formen des Berührens und bringen sie auch selbst hervor. Berühren zeigt sich dabei als polymorph und vieldeutig und ruft produktions- und wirkungsästhetische Fragen gleichermaßen auf.
In der Auseinandersetzung mit aktueller Forschung zu Taktilität, Affektion und Materialität zielt das Netzwerk darauf, Denkfiguren und Praktiken des Berührens neu zu konturieren und Berühren als eine zentrale Analysekategorie literatur-, medien- und kulturwissenschaftlicher Forschung zu etablieren. Drei ineinandergreifende Felder strukturieren das Arbeitsprogramm: 1) Aus historischer und gattungsästhetischer Perspektive wird untersucht, wie Literatur, Theater und andere Kunstformen unterschiedliche Nähe- und Distanzverhältnisse reflektieren und mitorganisieren. Dabei gerät u. a. die Funktion in den Blick, die dem Berühren und seiner Vermeidung in Imaginationen des Politischen und Sozialen zukommt. 2) Systematisch fragt das Netzwerk nach der Rolle, die Figuren des Berührens für Formen nichtbegrifflichen Denkens spielen. 3) Im Kontext mediengeschichtlicher und epistemologischer Umbruchsituationen werden mediale Konstellationen des Berührens untersucht, etwa Handhabungen von Papier, das Verhältnis von Taktilität und Digitalität, aber auch die Theatralität und Performanz des Berührens.
Methodisch sind für das Netzwerk ein weiter Literaturbegriff und eine kulturwissenschaftliche Herangehensweise grundlegend, die Literatur im Austauschverhältnis mit anderen kulturellen Praktiken und Medien sieht. Die beteiligten Disziplinen sind Deutsche Philologie, Englische Philologie, Komparatistik, Medienwissenschaften, Philosophie, Romanische Philologie, Slavische Philologie und Soziologie; eine Öffnung erfolgt außerdem zu den Theater- und Tanzwissenschaften. Die Fragestellungen werden in einzelnen Teilprojekten, gemeinsamen Workshops und öffentlichen Tagungen verfolgt.
Weitere Informationen zum Arbeitsprogramm und zu den Netzwerkmitgliedern: http://netzwerk-beruehren.de
In Kooperation mit dem Interdisziplinären Zentrum für Literatur und Kultur der Gegenwart fand am 22./23.7.2017 der Workshop ‚Theorien und Praktiken des Berührens in der Gegenwartskultur‘ statt.
Formen paralleler Sozialität wie Migrantenquartiere, gated communities, religiöse Sondergemeinschaften und Kommunen sind ein Phänomen der Moderne und häufen sich mit der zunehmenden gesellschaftlichen Singularlisierung. Der Diskurs um sie ist häufig affektiv aufgeladen, sei es, dass sie als Motor zur positiven Weiterentwicklung der Gesellschaft wahrgenommen werden und somit als gelebte Utopien verstanden werden, sei es, dass sie als Bedrohung für den sozialen Zusammenhalt und die kulturelle Einheit wahrgenommen werden.
Das interdisziplinär konzipierte Netzwerk, das von der DFG vom 10.1.2018 bis 9.1.2021 gefördert wird und am Interdisziplinären Zentrum für Literatur und Kultur der Gegenwart angesiedelt ist, führt kultur-, literatur- und medienwissenschaftliche Forscher*innen und theoretische Ansätze aus Germanistik, Anglistik, Amerikanistik, Romanistik, Medienwissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte zusammen zu einer kulturvergleichenden Analyse solcher ‚Paragesellschaften‘ in den Gegenwartsliteraturen und -filmen.
Die Kooperation verfolgt zwei Ziele: erstens die Entwicklung eines Konzepts ‚Paragesellschaften‘, das die meist einseitigen, manichäischen sowie ideologisch aufgeladenen Debatten über ‚Mehrheits-‘ und ‚Parallelgesellschaften‘ dekonstruiert und für deren Komplexität, Konstruktivität und interaktional-performativen Charakter sensibilisiert; und zweitens die Erarbeitung einer Ästhetik von ‚Paragesellschaften‘ in den westlichen Gegenwartswerken mit der Intention, ihr literarisches und filmisches Potenzial auszuloten.
Weitere Informationen zum Netzwerk unter: www.netzwerk-paragesellschaften.fau.de
Mitglieder:
- Agnes Bidmon, Erlangen, Germanistik/Komparatistik
- Simone Broders, Erlangen, Anglistik
- Julia Bulk, Bremen, Kunstgeschichte
- Alexander Fischer, Bamberg, Philosophie
- Katharina Gerund, Erlangen, Amerikanistik
- Teresa Hiergeist, Erlangen, Romanistik (F, Es)
- Manuel Illi, Erlangen, Germanistik/Komparatistik
- Igor Krstić, Reading, Medienwissenschaften
- Stephanie Lang, Heidelberg, Romanistik (P, Es, F)
- Benjamin Loy, M.A., Köln, Romanistik (LA, F)
- Simona Oberto, Köln, Romanistik (I, F)
- Paul Strohmaier, Trier, Romanistik (F, I)
- PD Dr. Daniel Winkler, Wien, Romanistik (F,I)
Kontakt: teresa.hiergeist@fau.de
Transmediale story worlds in der Gegenwartsliteratur und -kultur
Antragstellerin: Prof. Dr. Sabine Friedrich (Sprecherin des IZG)
(Beantragung einer DFG-Sachbeihilfe)
Das vorliegende Projekt, das an das interdisziplinäre Zentrum für Gegenwartsliteratur und –kultur (IZG) der FAU angebunden ist, untersucht narrative Verfahren zeitgenössischer story worlds in unterschiedlichen (trans-)medialen Kontexten. Ausgangspunkt ist der Befund, dass sich seit einigen Jahren verstärkt neuartige Erzählformate entwickeln, die sich durch einen hohen Grad an narrativer Komplexität auszeichnen und zugleich außerordentlich populär sind (z.B. Computerspiele, Dokufiktionen im Bereich von TV-Serien, digitale Literatur, autofiktionales Erzählen in Internet-Blogs). Dabei geht die komplexe Erzählstruktur häufig einher mit einer gezielten Verunsicherung im Hinblick
auf den fiktionalen bzw. faktualen Status der story world (vor allem im Bereich der Doku- und Autofiktion), wobei diese Ambivalenz – im Vergleich zu tradierten hybriden Erzählformaten (z.B. historischer Roman, Autobiographie) – durch die technischen Möglichkeiten der digitalen Medien eine neue Qualität erreicht.
In Auseinandersetzung mit der neueren, medial ausgerichteten Narratologieforschung (v.a. Ryan 2013, 2015) widmet sich das Projekt der Analyse zeitgenössischer story worlds in drei verschiedenen, für die Gegenwart außerordentlich relevanten Kontexten, die jeweils in einem Teilprojekt untersucht werden:
- Teilprojekt 1: Autofiktion aus transmedialer Perspektive im spanischen und französischen Kontext
- Teilprojekt 2: Dokufiktionale (Re-)Konstruktionen ambivalenter Kultfiguren in Lateinamerika. Die Heroisierung von Drogenbossen in unterschiedlichen medialen Repräsentationsformen
- Teilprojekt 3: Story worlds in Computerspielen im Spannungsfeld zwischen Game Studies und literarturwissenschaftlicher Narratologie